Gefühl der Machtlosigkeit
Trump erneut an die Macht. Irgendwie kaum zu glauben und doch so deutlich in den Wahlergebnissen zu sehen. Ich wohne in Deutschland, bin nicht direkt betroffen. Und doch sitze ich heute da und kann das schwer begreifen. Fühle mich resigniert. In Europa immer mehr Rechtsruck. Ich liebe die Niederlande – oh die werden von einer rechten Regierung geführt. Ich habe meinen Urlaub in Portugal geliebt: Dort ist eine Mitte-Rechts-Partei an der Macht. Italien? Extrem rechte Regierung. In Deutschland? Die AfD immer weiter auf dem Vormarsch.
Gefühlte Hilflosigkeit
In meiner persönlichen Freunde-Bubble ist das eine schreckliche Entwicklung. Viele teilen mein empfundenes Entsetzen und die gefühlte Hilflosigkeit. Doch selbst für meine eigene Familie könnte ich nicht sagen, ob die genauso empfindet. Oder ob da nicht doch die Argumentationskeule kommt: „Ausländer nehmen unsere Jobs und unser Geld weg.“ Und das sind wahrlich keine Menschen, die Angst haben, abends vor einem leeren Tisch ohne Essen zu sitzen. Nein, das sind Menschen, die noch nie vor Krieg fliehen mussten, deren Kinder in Sicherheit aufwachsen.
Ich bin 34 Jahre alt. Das klingt allgemein schon nach einer Zeit der Entscheidungen, als Frau aber besonders. Wie soll dein Leben aussehen? Willst du Kinder? Dann aber schnell. Wie wäre es mit einem Leben lang unbezahlter Care-Arbeit und einem Teilzeitjob, der dich in die Altersarmut stößt? Und ich bin in Deutschland privilegiert. In anderen Ländern müssen die Frauen nach der Geburt sofort zurück in den Job.
Mikroskopische Gedankenkarusselle, die sich für mich riesig anfühlen
Meine aktuellen Gedankenkarusselle sind im Vergleich zur Weltpolitik mikroskopisch klein. Und doch wiegt unsere eigene Gedankenwelt für uns verständlicherweise besonders schwer. Die Mischung aus privaten Schwierigkeiten und diesen großen Überthemen, die unkontrollierbar über einem schweben, färbt meine Sicht auf die Zukunft zurzeit sehr grau. Nach Grau kommt auch bestimmt wieder Licht. Dennoch ist das eine aktuelle Momentaufnahme meiner Gefühlswelt.
Ich hatte früher Vorstellungen vom eigenen Haus, einer Familie und Hund. Der Hund ist da, meine gewählte Familie. Das Haus? Selbst schuld, in einer Großstadt zu leben, wo die Häuser nur den Schönen und Reichen vorbehalten sind. Fairerweise: Selbst in meiner kleinen Heimatstadt sind Wohnungskosten explodiert. Immerhin muss ich mich so nicht an einen Wohnort binden, das hat auch was. Es braucht ja auch kein eigenes Haus zum Glücklichsein. Ich finde, Kinder haben viel mehr davon, mehr Zeit mit den Eltern in einer Mietwohnung zu verbringen als in einem leeren Haus, für das unentwegt geschuftet werden muss. Und doch ist es gefühlt ein Traum, der platzt.
Dieser Text führt nirgendwo hin, will nichts Bestimmtes ausdrücken. Er ist nur ein Abbild individueller Gedanken an einem einzelnen Tag. Während ich diese Gedanken hier niederschreibe, die mich runterziehen, ärgere ich mich gleichzeitig über mich selbst. Von welch hohem Ross ich schreibe: weiß, Bachelor-Abschluss, heterosexuell, gesund. Wie viel Privilegien wünsche ich mir noch? Klar, alter weißer Mann ist raus. Aber sonst? Ich weiß, jede:r darf sich schlecht fühlen, auch wenn es anderen schlechter geht. Trotzdem fühlt es sich räudig an.
In meinem Umfeld empfinden an diesem Tag vielleicht einige so wie ich. Ich schicke euch allen eine Umarmung und sage: Ihr seid nicht allein. Ich setze einen Schritt vor den anderen, dann erscheint der Weg nicht so lang und schwer. Einatmen, Ausatmen – klingt simpel und logisch, beruhigt mich aber in letzter Zeit immer sehr.
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