Von der Liebe zur Freizeit und Bergen der Schande
„Vielleicht bewahrte nur der Spieltrieb die Leute vor dem Verzweifeln.“
(Gabrielle Zevin, 2022, Morgen, Morgen und wieder Morgen)
Ich bin ein Freizeitmensch. Ich liebe Freizeit. Ich zocke leidenschaftlich gerne Videospiele und versenke darin viele glückliche Stunden. Auch Serien suchte ich mal, auch wenn das gerade weniger Priorität in der Freizeit genießt. Ich liebe Lesen. Ich nutze gerne die Zeit in der Bahn, um in fremde Geschichten einzutauchen. Im Kölner Stadtverkehr sollte man dieses Vorhaben am besten mit Kopfhörern kombinieren, um nicht von Gesprächen, Musik oder kuriosen Momenten abgelenkt zu werden. Dann aber tauche ich so gerne in Bücher ein.
E-Reader: Retter meiner Nerven
Meinen ersten E-Reader habe ich gegen Ende meiner Schulzeit gekauft. Nach der Schule musste ich, um nach Hause zu kommen, am Bahnhof umsteigen. Für einen Gleiswechsel inklusive Unterführung ließ die nötige Zugverbindung weniger als fünf Minuten, ich glaube, es waren eher drei. Es war eine ziemliche Glückssache, ob der Zug auf die Ankömmlinge wartete oder davonfuhr. Passierte letzteres, hieß es 30 Minuten warten. Ich habe mich in solchen Situationen oft fürchterlich aufgeregt. Bis ich meinen E-Reader hatte. Seitdem begleitet dieser mich quasi nonstop durchs Leben. Wann immer ich warten muss, ist er zur Stelle und ich kann jederzeit in zig Welten eintauchen.
Tausendmal eingepackt – tausendmal nicht gelesen
Mein E-Reader war schon auf zahlreichen Partys. Ob ich da gelesen habe? Nein, niemals. Aber wenn auf dem Heimweg eine Bahn ausfällt oder eine lange Wartezeit ansteht, bin ich besänftigt und okay damit. Warten, ohne etwas zu tun? Fällt mir schwer – ich nutze die Zeit einfach gern und noch dazu hat man Spaß dabei, win win!
Eine typische Situation für mich: Ich fahre mit Anhang in die Stadt, ich habe also jederzeit eine:n Gesprächspartner:in dabei. Befindet sich mein E-Reader trotzdem in der Tasche? Aber sicher. Vielleicht verliert sich die Person in der Stadt gleich in einem Geschäft oder wer weiß was könnte passieren, ich bin vorbereitet. In solchen Fällen trage ich ihn grundlos mit mir herum und hole ihn nicht einmal aus der Tasche. Trotzdem fühlt es sich für mich besser an.
Wer schnüffelt noch an frischen Büchern?
Ich liebe echte Bücher. Ich liebe ihre Haptik, ihren Geruch, ihre Gestaltung. Gleichzeitig sind sie je nach Werk schwer, unhandlich, empfindlich, sperrig. Mein E-Reader ist leicht, trägt hunderte Bücher auf einmal in sich, kann in Sekundenschnelle neuen Lesestoff besorgen, hat kein Problem mit Regen und leuchtet im Dunkeln – heißt: Lesen, immer und überall! Ich liebe beide Welten – echte Bücher ebenso wie das elektronische Lesen. Echte Bücher lassen sich tauschen und weitergeben, rächen sich aber spätestens beim nächsten Umzug …
Im vergangenen Jahr erwischte ich mich häufiger in Buchhandlungen. Die sind heute oftmals nicht einfach ein Ort zum Bücher kaufen, sondern richtige Wohlfühloasen mit einladenden Leseecken, manchmal direkt inklusive Café. Da möchte ich mich am liebsten drin verlieren und stundenlang abtauchen. Beim reinen Büchersichten ist es nicht geblieben, mal habe ich gezielt etwas gesucht und mal spontan neuen Lesestoff gekauft.
„Pile of Books“
Im Bereich der Videospiele existiert der Begriff „Pile of Shame“, ein „Stapel der Schande“ sozusagen. Der umschreibt die Tatsache, dass jemand zahlreiche Spiele gekauft, aber noch nie angerührt hat. Gerade bei günstigen Rabattaktionen greifen Spieler:innen gerne zu und schnell häufen sich so Neuheiten an, ohne dass man dazu kommt alle zu spielen. Auch ich habe so einen Pile of Shame, den ich Stück für Stück runterspiele … und manchmal kommen wieder Neuerscheinungen on top. Nicht, dass mir mal der Stapel ausgeht!
Inzwischen pflege ich auch einen „Pile of Books“. Bei all den interessanten Titeln, bei denen ich vergangenes Jahr zugeschlagen habe, komme ich mit dem Lesen nicht hinterher. Und dennoch liebe ich es. Ich liebe es, sie im Regal zu sehen und lese tatsächlich auch mal mehrere Bücher parallel. Ernährungsbuch, Fantasy-Reihe, Roman oder Sachbuch, ich genieße die Abwechslung, zwischen den Genres zu wechseln.
„Ich glaube fest daran, dass die Menschheit immer spielen wird, unabhängig vom Zustand der Welt.“
(Gabrielle Zevin, 2022, Morgen, Morgen und wieder Morgen)
Unverhofft kommt selten
Oft greift man zum neuen Werk einer Reihe, deren Vorgänger man kennt, hört auf Empfehlungen im Bekanntenkreis oder wirft vielleicht einen Blick auf Bestsellerlisten. In Großstädten wie Köln gibt es zudem reichlich Bücherschränke, an denen Menschen ihre ausgelesenen Exemplare weitergeben und sich dafür ein anderes Buch mitnehmen können. Manchmal erreicht einen ein Buch aber ganz unverhofft. So ging es mir zu Weihnachten, als mir eine liebe Freundin eines schenkte. Ich war richtig überrascht. Denn ich persönlich finde es total schwer, mich in die Lesevorlieben anderer hineinzuversetzen.
Der Titel lautet „Morgen, morgen und wieder morgen“ von Gabrielle Zevin. Ich hatte nie zuvor von dieser US-amerikanischen Schriftstellerin gehört, werde aber mal recherchieren, was sie sonst noch geschrieben hat. Vor knapp einer Woche habe ich es begonnen. Mit 556 Seiten mag es nicht der umfangreichste, dennoch aber ein langer Roman sein. Und heute habe ich die letzte Seit umgeschlagen. Und bin baff.
Mein Gehirn springt häufig wild von einer Sache nur nächsten. Das weiß jeder, der sich mindestens einmal mit mir unterhalten hat. Und so ist es auch mit meinen Freizeitaktivitäten. Ich liebe Freizeit. Videospiele, Bücher, Filme, Serien, auch Sport. Gefühlt mache ich alles gleichzeitig und nichts so ganz. Daher dauert es auch eine Weile – oder viele Bahnfahrten – bis ich ein Buch beende. Doch „Morgen, morgen und wieder morgen“, das spontane Geschenk meiner Freundin, die bis dato nur den Klappentext kannte, hat mich absolut abgeholt und begeistert. Und ich bin wieder neu verliebt ins Lesen. Also ab zu meinem „Pile of books“. Oh, da wäre ja aber auch noch das angefangene Videospiel … Sport müsste ich mal wieder machen … Oh, schau, was im Fernsehen läuft!
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