Rodelnde French Toasts im Bademantel
Wir standen zu dritt am Fuße des Hangs und blickten gespannt, mit einer Mischung aus Ungeduld und Sorge, hinauf. Unsere vierte Freundin würde dort hinunterkommen. Jeden Moment. Oder den Moment darauf.
…
Jene Freundin – auf die wir an jenem Tag sehnsüchtig warteten – und ich sind seit Kindestagen beste Freundinnen. An diese Zeit denke ich mit ansteigendem Adrenalinspiegel zurück. Wir ergänzten uns gut. Sie war die, die immer mutig voranging. Sie erklomm jede Klettermöglichkeit und ließ keine Gelegenheit aus, von einer Mauer oder einem Baum herunterzuhüpfen.
Ich lehnte bei jedem Sprung dankend ab und ging außenrum. Rasant fuhr sie auf Inlinern durch die Straßen. Ich konnte zwar immerhin darauf ein paar Meter zurücklegen, aber leider nicht bremsen, weshalb ich deutlich gemächlicher unterwegs war. In die Hauptstraße meines Heimatorts fuhr ich damit nie – alle Wege führten nur über ein Gefälle dorthin. Und da unten wartete besagte Hauptstraße inklusive Verkehr. Da ich nicht enden wollte wie Simbas Vater Mufasa, habe ich mich diesem Risiko nicht ausgesetzt – mein Lebenserhaltungstrieb war schon immer vorbildlich.
Beste Freundinnen: Riester-Rente und Aktieninvestorin
Ich bin die Riester-Rente, meine Freundin ist die Aktieninvestorin. Sie wagt auch einmal etwas, während ich eher auf bekannten Wegen wandle. Ihrer Vorliebe zu Risiko und Herausforderungen verdanken wir auch eine Win-Win-Win… (38 Mal aufzählen)-Situation auf unserem Mädels-Roadtrip nach Bayern. Der Hunger bestimmte wie so oft unser nächstes Ziel und führte uns auf eine gewöhnliche Autobahn-Raststätte. Während eine von uns auf der Toilette verschwand, wanderten wir zufällig an einigen Spielautomaten vorbei. Meine Wenigkeit – Typ Riester-Rente – war natürlich strikt dagegen, auch nur einen Euro in dieses böse, unfair spielende Gerät zu investieren. Ich hatte meine Gedanken noch nicht einmal ausgesprochen, da hatte meine Freundin bereits zwei Euro hineingeworfen. Nach fünf Minuten spielen kam die Bedienung des Cafés auf uns zu und bat uns, ihr unsere Ausweise zu zeigen. Respekt zum ersten, da die freundliche Dame den Jugendschutz achtet. Und Respekt zum zweiten, da die Älteste von uns bereits die 30 überschritten hat. Gut gehalten! Und Respekt zum dritten für diejenigen, die unter 18 an diese Raststätte zum Automaten spielen kommen – müssen sie doch erst einmal viele Kilometer zu Fuß zurücklegen. Weitere fünf Minuten später liefen wir zurück zum Auto, bereit zur Weiterfahrt. Mit 38 Euro mehr in der Tasche.
Kuchen? Kuchen!
Was meine Freundin und mich verbindet, ist zum einen unser Verhältnis zu Essen. Inwiefern das gesund ist, möchte ich unkommentiert lassen. Jedenfalls essen wir gerne und in Kombination gerne zu viel. Viel zu viel. Unser Hotelaufenthalt umfasste unter anderem ein 3-Gänge-Menü. Bereits nach zwei Gängen waren wir vier aber bereits mehr als gesund gesättigt. Nun wird man ja angeblich weiser im Alter. An dem Abend hat es tatsächlich funktioniert. Wir fragten kurz nach, wie lange das Restaurant geöffnet hat und baten darum, unseren Dessert – Himbeerkuchen – später abholen zu dürfen. Kein Problem! Vollgefuttert kugelten wir uns Richtung Whirlpool. Es könnte vielleicht das erste Mal gewesen sein, dass der netten Bedienung kurz vor 23 Uhr vier tropfende Frauen in Bademänteln im Restaurant gegenüberstanden. Abperlendes Poolwasser hin oder her – wir erhielten liebevoll angerichtete Himbeerkuchen und verspeisten diese genüsslich auf dem Zimmer.
RANDNOTIZ – Das Reisen in einer Mädelsgruppe kann interessant sein. Und sicherlich ganz anders, als wenn Männer einen Kurztrip verbringen. So klischeehaft es klingt, kam tatsächlich eine Unterhaltung über den Kaloriengehalt einer Paprika zustande. Einer Paprika! Die gibt es sogar in Grün und hallo – Paprika ist Gemüse?! – RANDNOTIZ
Ich liebe Frühstück. Wenn es eins gibt, das ich mehr liebe als gebratenen Bacon, frisches Rührei und warme, duftende Brötchen in der heimischen Küche, dann ist es das reichhaltige Frühstücksbuffet in guten Hotels. Einerseits die umfängliche Auswahl, andererseits die Tatsache, dass die schmackhaften Leckereien immer wieder aufgefüllt werden, machen das morgendliche Dinieren dort zu etwas Besonderem. Ich hatte mit vielen Delikatessen gerechnet. Doch der French Toast erwischte mich eiskalt. Die schier kunstvolle Verbindung aus Weißbrot, Ei, Milch und Zimt hatte ich in all meinen Lebensjahren bislang sträflich vernachlässigt. Dieses Hotel in Bayern machte mir das unmissverständlich klar. Wer mich kennt weiß, dass ich Essen grundsätzlich genieße. Aber dieses morgendliche Geschmackserlebnis war nochmal eine besonders sympathische Ausnahme.
Ziel ≥ Weg
Und wer mich kennt weiß auch: Genügsamkeit ist nicht meine stärkste Tugend. Es war also gar nicht überraschend, dass ich an jenem Samstag – ganz Fußball-Deutschland und vor allem das bayrische Bundesland war bereits im DFB-Pokalfieber – wenige Minuten vor Ladenschluss in einem Supermarkt eine Tupperschüssel erwarb. Mein Plan war idiotensicher.
Ob ich mich bekloppt fühlte, als ich sonntags mit einer Handtasche zum Frühstück kam? Nun. Es war einer der Momente, in denen das Ziel entscheidend ist und nicht der Weg dorthin. Manchmal jedoch ist trotz aller Vorbereitung die Mühe vergebens. Dass es an jenem Tag sein würde, las ich sogleich schwarz auf weiß. An der entscheidenden Stelle am Buffet stand geschrieben: Waffeln.
…
Da war sie, in der Ferne konnten wir sie sehen. Hinter ihr staute sich der Verkehr auf der Rodelbahn. Als sie unten ankam, hörten wir die Nachfolgenden sagen: „She was too slow!“ Nachdem sich ihr hysterisches, panisches Lachen endlich beruhigt hatte, fragten wir, wo denn das Problem gewesen sei? Selbst ich hatte die Rodelbahn mit angemessener Geschwindigkeit absolviert und die Fahrt mehr als genossen. Sie habe nicht gewusst, dass die Wagen Stützräder haben. Dachte, sie könnte aus der Bahn fliegen. Die Sorge konnten wir ihr schnell nehmen. Eine Rodelbahn ohne Stützräder? Sowas könnte es nur in Köln geben…
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