Gamescom is e Jeföhl
Wer kennt das? Es steht ein großer Tag bevor – zum Beispiel Weihnachten oder der eigene Geburtstag. Als Kind zählt man die einzelnen Tage, ja gefühlt die Stunden, bis es endlich soweit ist. Der Kalender schreitet aus Sicht des Nachwuchses unglaublich langsam dahin. Wenn der ersehnte Tag endlich da ist, ist die Freude riesengroß. Was danach folgt? Tiefe Trauer, Trübsal blasen. Denn jetzt dauert es in Kindestagen gerechnet wieder ewig, bis es im nächsten Jahr soweit ist.
Im Erwachsenenalter (ich beziehe mich hier allein auf die Bezeichnung vor dem Gesetz, geistiges Alter nicht betrachtet) ändert sich das. Spätestens nach dem Studium, wenn die Werktage Arbeit bedeuten – so zumindest meine Erfahrung. Da wird der Urlaub monatelang vorhergeplant, Ereignisse wie Kölner Lichter werden frühzeitig im Kalender notiert, der Besuch aus der Heimat pickt sich ein passendes Wochenende raus. Und dann geht es los, das Kalender-Scrollen. Ein paar mal wischen auf dem Smartphone und das große Ereignis ist schon da.
Eine Woche pro Jahr ist Köln das Mekka der Gamer
Jetzt war es endlich wieder soweit. Nach einer Woche Urlaub und mehreren Besuchen von Familien und Freunden aus der Pfalz stand sie einfach so vor mir: die fünfte Jahreszeit für Fans von Videospielen. Es ist die Zeit, in der vermehrt junge Menschen in Köln unterwegs sind, oft mit mobilen Spielekonsolen in der Hand. Mit ihren Geek- und Fanshirts säumen sie das Stadtbild. Die Zeit, in der ich in der Bahn selbst den Kindle einmal ruhen lassen und Playstation Vita oder Nintendo 3DS (für die Nichtnerds: den Gameboy) zücke und zocke. Es ist Gamescom.
Als ich nach Köln gezogen bin, zählte sie zu den Punkten auf der Pro-Liste: Europas größte Messe für interaktive Spiele und Unterhaltung. Im vergangenen Jahr strömten 345.000 Besucher in die Domstadt, um zu sehen, was der Spielemarkt in naher Zeit zu bieten hat.
Ich bin in diesem Jahr ohne große Must-Sees in die Kölner Messehallen gestartet. Große Blockbuster habe ich nicht erwartet – bzw. handelte es sich um Games, die bereits bekannt waren und deren Release bald bevor steht wie zum Beispiel Final Fantasy XV und Horizon Zero Dawn. Letzteres hat mich schon bei der Gamescom 2015 in seinen Bann gezogen. Es war eines der wenigen Spiele, für die ich mich dieses Jahr in die Warteschlange bemühte. Nach 30 Minuten Warten auf die letzte Vorstellung am Donnerstag um 19.30 Uhr folgten immerhin ein neuer Trailer und ein Live-Gameplay – insgesamt dauerte die Vorstellung rund 25 Minuten. Anständig fand ich. Und wieder stellte sich mein typischer Effekt ein: Horizon Zero Dawn stand bereits vor der Messe auf meiner „Haben Will“-Liste, das hat der Messebesuch lediglich nochmals bestärkt.
Hauptaugenmerk der Gamescom 2016: Virtual Reality
Sinnbild der Gamescom 2016: Zahlreiche Menschen, die von außen betrachtet blind für ihre Umgebung sind. Sie tragen eine gepolsterte Brille, die komplett die Augen bedeckt, ein Headset auf den Ohren und Controller in den Händen. Sie fuchteln wild in der Gegend herum; die Vorstellung erinnert nur sehr vage an ästhetische Schwertkunst. Was für Zuschauer befremdlich aussieht, stellt für den Träger der Brille eine wahrlich
beeindruckende Erfahrung dar. Die innovative Technik ermöglicht es ihm, in fremde Welten einzutauchen. Beschreiben kann ich es nur, weil ich es selbst ausprobiert habe. Die Erfahrung mit der „virtuellen Realität“ lässt sich aber eben nur umschreiben – erleben muss sie jeder selbst. Es gibt unterschiedliche Hersteller und Produkte, selbst getestet habe ich Samsung Gear VR, HTC Vive und Playstation VR. Meine Erfahrungen dazu werde ich in einen eigenen Artikel packen – schaut also demnächst nochmal vorbei.
Eins meiner Highlights – wie schon im vergangenen Jahr – war die Präsenz von Rocket Beans TV vor Ort. Diesmal in der deutlich besser gelegenen Halle 5 stationiert, war sie Dreh- und Angelpunkt für Bohnenfans wie mich. Hier steht man hinter der Glasscheibe und winkt schief in die Kamera der Live-Sendung, um Mama später den Link zur Aufzeichnung zu schicken und sagen zu können: „Guck mal, dein Kind ist im (Internet-)Fernsehen!“ Je nach Dauer der Standzeit folgen seltsame Grimassen.
Wer mich fragt, was Gamescom für mich bedeutet, dem antworte ich: Gamescom is e Jeföhl. Es fängt damit an, dass die Stadt zunehmend voller Zocker ist. Aber auch Menschen ohne Bezug zu Videospielen feiern zusammen in der Stadt rund um die Bühnen des Gamescom City Festivals. Es geht weiter mit der Anreise zur Messe, mit dem Blick aus der Bahn auf den Kölner Dom, das UNESCO-Weltkulturerbe umringt von Baugerüsten. Ebenfalls zur Messe gehören Warteschlangen. Ob vor dem Eingang oder in den Hallen – wer ein heiß erwartetes Spiel anzocken möchte, steht nicht selten mehrere Stunden an. Noch länger dauerte es bei den Ständen, wo sich Virtual Reality austesten ließ. Wer gut vorbereitet ist, ist mit Campingstühlen und mobilen Spielekonsolen bestens für langes Ausharren gerüstet.
Gamescom bedeutet, Gleichgesinnte zu treffen. Zum einen Menschen, die ebenso gerne zocken wie man selbst. Zum anderen: Bohnenfans. Sie waren überall, erkennbar dank Merchandise-Artikeln wie T-Shirts und Kappen. Recht spontan kam mir donnerstags die Idee, Fotos mit ihnen zu sammeln und sie anschließend in einer Collage zu verewigen. Gesagt, getan. Dachte ich. Zu meiner Überraschung erlitt ich einen kleinen Rückfall in mein altes, schüchternes Ich und traute mich nicht, die Leute anzusprechen. Auch dank Unterstützung meiner Freunde vor Ort, wollte es dann aber mit der Zeit besser und besser klappen. 115 Fotos sind insgesamt zusammengekommen und das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Die Aktion war ein weiterer Beweis, dass Fans von Rocket Beans TV eben nicht einfach Fernsehzuschauer sind. Sie identifizieren sich mit einer Gemeinschaft – zusammen ergibt es eine große Bohnenfamilie. Und ich bin ein glückliches Mitglied davon.
Highlight für Bohnenfans: #dosenbeatz
Nach drei Tagen auf der Messe und anschließender Dosenbeatz-Party (Feierei mit Online-Livestream, mehr als 500 Rocket Beans TV-Fans und einfach unbeschreiblicher Stimmung) waren meine Energiereserven aufgebraucht. Dank meiner brillanten und vorwitzigen Idee, Partygäste zum Armdrücken herauszufordern, kann ich aktuell aufgrund von Muskelkater keine Jacke ohne Hilfe anderer anziehen. Aber ist ja noch Sommer…
Heute war ich erneut in Deutz, wenige hundert Meter von der Messe entfernt. Während ich mit Anhang aus der Heimat das Buffet beim Mongolen enterte, feierten Besucher noch einmal den letzten Tag der Gamescom. Auf der Heimfahrt habe ich wieder einige von ihnen gesehen. Zu erkennen an den Eintrittsbändchen oder den riesigen Tüten, die Hersteller als Give-Aways verteilen. Jetzt heißt es wieder warten und das Erlebte Revue passieren lassen. Für Rocket Beans TV-Fans: Hier findet ihr einen schönen Rückblick auf die Beanscom 2016). 2017 wird die Videospielmesse erstmals von Dienstag bis Samstag stattfinden. Und zwar vom 22. bis 26. August – mein Kalender hat’s schon notiert.
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