It’s hockey time: Was das Huhn mit Adlern und Haien zu tun hat
„Was ist eigentlich bei dir schief gegangen?“ Das hatte mich ein Bekannter einmal gefragt. Ein Düsseldorfer, der bekennender- und logischerweise Anhänger der Düsseldorfer Eislauf-Gemeinschaft (DEG) ist. Er spielte dabei darauf an, dass ich sowohl Fan der Adler Mannheim als auch der Kölner Haie bin. Es ist durchaus eine berechtigte Frage. Bei beiden Clubs handelt es sich einerseits um langjährige Traditionsvereine als auch um große Rivalen. Ich glaube behaupten zu können, dass diese Mischspezies, dieses Hybridwesen meiner Art, recht selten ist. Dabei fällt die Antwort recht einfach aus. Aber von vorn.
22 Männer und ein Ball? Danke nein, her mit Schlägern und Puck!
Es dürfte vor sechs Jahren gewesen sein, als ich das erste Mal die SAP Arena in Mannheim betrat. Mein damaliger Freund – durch und durch Fußball- aber eben auch Sportfan an sich – wollte mir ein Sportevent näherbringen. In puncto Fußball belege ich nämlich die Schublade: Welt- oder Europameisterschaft na klar, Bundesliga no way. Möglicherweise 90 Minuten meines Lebens ohne jegliches Erfolgserlebnis, ohne Tor, zu verbringen und mir bei Wind und Wetter den Allerwertesten abzufrieren – das ist nichts für mich. Gebt mir einen Vierbeiner und schickt mich bei Regen in den Wald und ich bin glücklich. Lasst mich beim Fußball im Regen stehen und Männern beim Fußball umfallen sehen und ich bin nicht glücklich.

Nun war da aber dieses Eishockey. Das Dach über dem Kopf war schon mal ein entscheidender Pluspunkt. Nicht nur verhindert das bei Regen ein aufgeweichtes Huhn, auch die Atmosphäre profitiert ungemein vom Topf auf dem Deckel. Um mich schon mal auf den Sport einzustimmen, sahen wir uns vorher ein paar Videos auf YouTube an. Deren Inhalt bestand hauptsächlich aus Schlägereien. Ich war mir sicher, das sei ein Scherz. Doch ich sollte schon bei meinem Premierenspiel eines Besseren belehrt werden. Es war eine Partei der Adler Mannheim gegen die Eisbären Berlin. Es wurde daher der fröhliche Chorgesang „Scheißbären“ angestimmt. Mein Verhältnis zu Teddybären war immer sehr positiv geprägt – ihr könnt euch meinen Gesichtsausdruck vielleicht vorstellen. Die Partie war noch kaum im Gange, als es zu einer Prügelei größeren Ausmaßes kam. Größeren Ausmaßes deshalb, weil Schlägereien im Eishockey nichts Ungewöhnliches sind. In der Regel erhalten Spieler zwei Minuten Strafe wegen „übertriebener Härte“. An diesem Tag hatten sich Adler und Bären aber derart gern, dass einige direkt komplett des Spiel verwiesen wurden.

Ich beobachtete das körperbetonte Treiben mit offenstehendem Mund und fragendem Blick.
Feuer und Flamme für den Sport auf dem Eis
So schockiert ich zunächst war, so fasziniert war ich gleichzeitig. Von der Stimmung in der Halle über den Gänsehaut-Trailer und das Einlaufritual vor dem Spiel bis zu den Sprachchören (ausgenommen die „Scheißbären“) – ich liebte es. Dieser Sport verbindet filigranes Schlittschuhlaufen mit viel Körperkontakt, Kraft, Dynamik und Teamplay. Mein Freund fand’s ganz nett. Ich war von dem Moment an Feuer und Flamme. Es war der Abend, an dem ich Eishockey lieben lernte. In Mannheim, bei den Adlern.
Und so ist es nur logisch, dass aus mir ein Adler wurde. Da war es nur ein netter Nebeneffekt, dass ich sogar in Mannheim geboren bin, obwohl ich nie dort gelebt habe. Ende 2012 kam ich nun nach Köln. Wie Mannheim eine Eishockey-Stadt.

Für mich war klar: Da muss ich hin. Wer mich kennt oder sich hier ein wenig durchgelesen hat, weiß, dass die Domstadt für mich zum Zuhause geworden ist. Es existiert keine wissenschaftliche Formel, die diese tiefe Liebe erklären kann, es sind die Menschen und der Charakter der Stadt. Wie die Höhner so schön singen: „Kölle, du bes e Jeföhl“. Für mich stand fest, die Haie verdienen meine Sympathie und Unterstützung. Zumal alles, wie ich finde, in Köln etwas ruhiger und leiser zugeht. Manchmal kommt mir die Lanxess Arena wie eine große Halle mit Bierbänken vor, in der Schunkelstimmung herrscht. So ein lautes Huhn kann da nicht schaden.

Zwei Herzen in meiner Brust
So kommt es, dass in meinem Herzen zwei Mannschaften schlagen – sowohl die Adler Mannheim als auch die Kölner Haie. Und so kommt es, dass mein Puls am gestrigen Mittwoch besonders eifrig arbeitete. Es stand die 1. Playoff-Runde an, in der sich entscheidet, welches Team in die Viertelfinals einzieht. Und wie der grausame Eishockey-Gott es wollte, lauteten die Gegner Mannheim vs. Köln. In solchen Momenten drücke ich die Daumen für die Adler. Gleichzeitig fällt es mir zum einen schwer, beim Lobgesang nicht ins kölsche Lied einzustimmen, zum anderen gönne ich es den Haien natürlich auch. Nichtsdestotrotz trug ich an diesem Tag Adlerkluft, wie ich es bei dieser Partie immer tue. Und das Gute: Anders als beim Fußball haut mir deswegen niemand auf den Schnabel. Zwar gibt es auch in dieser Sportart weniger nette Fans, aber hier geht die Liebe zum Sport vor die Teamrivalitäten.
Jedes Jahr um diese Zeit habe ich ein lachendes und ein weinendes Auge. Während die Eishockey-Saison zur Neige geht und die Deutsche Eishockey Liga bis September aussetzt – bis dahin sind Sommer und Gamescom schon wieder vorbei – startet die Tennissaison. So geben sich meine Lieblingssportarten die Klinke in die Hand.
Hat jemand zufällig Connections zu Eismaschinen?
Das heutige Spiel endete trotz zwischenzeitlicher Aufholjagd der Mannheimer mit 6:3 für die Kölner Haie. Ich durfte also immerhin drei Mal fröhlich und minimal schräg angeguckt meinen Schal in die Luft reißen und fleißig wedeln. Gleichzeitig klatschte ich meine Freundin sechs Mal ab, jeweils für das verdiente Tor der Kölner. Ja, ich bin ein Fanzwitter und mir geht’s gut damit. Am Freitag steht die zweite Partie an. Gewinnen die Haie, fliegen meine Adler für diese Saison in den Urlaub. Aber wie heißt es wiederum so schön: „Egal wie’s steht, egal wie weit der Weg…“
Übrigens. Falls dieser Text mal jemanden aus der Branche rund um den Puck erreichen sollte: Einer meiner vielen kleinen Träume ist es, einmal die Eismaschine fahren zu dürfen. Ich freue mich auf eure Rückmeldung!
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[…] Texte drehen sich um Hobbies wie Tennis oder Eishockey, meine Liebe zu Hunden oder persönliche Erfahrungen wie den Verlust geliebter Menschen. Meine […]