Oh Wunder, ich finde noch die richtigen Tasten. Habe ich das Schreiben also doch nicht verlernt. Sagen wir einfach: Ich habe mein Login-Passwort für meinen Blog monatelang nicht gefunden.
Seit dem letzten Eintrag ist aber auch quasi nichts passiert. Eine der ältesten Freundinnen hat geheiratet, ich war für die Taufe meines zweiten Neffen im fernen Bayern, mein kleiner (!) Cousin ist ebenfalls unter der Haube – was meine Land-ist-schneller-als-Stadt-Theorie bestätigt – mein Teilzeithundeschatz hat bei mir Urlaub gemacht, meine Weihnachtsmarkt-Mädels haben mich erstmals im Sommer besucht, so ein Pärchen in Großbritannien hat mit voll viel Rummel geheiratet, Kölner Lichter lockte unzählige Touristen nach Köln und ich habe gelernt, Spinat essbar zu finden. Wie ich schon sagte, nichts Spannendes passiert.
Wieso ich jetzt schreibe? Nicht etwa, weil etwas Spektakuläres passiert wäre – mein Leben gleicht aktuell eher einem seichten Wellengang als einem aufbrausenden Wildwasserfluss. Ich war einfach schnell genug an der Notiz-App und jetzt an den Tasten, sodass der Gedankenerguss noch frisch ist.
Wie viele meiner Geschichten startet diese mit einem Satz rund um Nahrung. Denn dieses Wochenende habe ich fleißig Essen abgegriffen. Ich war nämlich auf zwei Geburtstage eingeladen, von ganz verschiedenen Gastgebern. Fraktion Nerd und Fraktion Sport (weniger Schubladendenken, yeah). Ein viel wichtigerer Unterschied war aber die Tatsache des Veranstaltungsorts. Die zwei Abende haben auf schöne Art und Weise die Merkmale eines Stadt- sowie eines Landgeburtstages offenbart.
Freitag stand zunächst der Stadtgeburtstag in Köln auf dem Plan. Gefeiert wurde auf den Poller Wiesen, einer großen Grünfläche auf der vermeintlich falschen Seite des Rheins, der „Schäl Sick“. Natürlich gibt es auch in Großstädten Menschen, die über Eigentum und Garten verfügen. Doch trotz meines fortschreitenden Alters bin ich noch nicht an diesem Punkt angekommen. Der Gastgeber durfte also dafür sorgen, acht Kästen Bier, einen Kasten Soft-Drinks, zwei Grills, einen Tisch sowie romantische Grillfackeln zum ausgewählten Platz am Rhein zu transportieren. Klingt sehr anstrengend, ist es auch. Dafür punktet die Großstadt mit eindrucksvollem Panorama auf den Kölner Rheinauhafen, die Altstadt und natürlich den Dom. Diese Atmosphäre lässt sich im eigenen Garten kaum realisieren. Einige Meter entfernt sorgte ein Gitarrenduo für musikalische Untermalung. Nette Sache. Die nächste Textstelle möchte ich einem Supermarkt, genauer einem Netto im Kölner Stadtteil Kalk, widmen. Wie ich am Freitag lernte, kann man bei diesem nämlich viele Kisten Getränke bestellen, die einem allesamt kalt gestellt werden. Bei dem Wetter eine wahre Pracht! Ganz klarer Vorteil eines Stadtgeburtstages: der ordentlich ausgebaute öffentliche Nahverkehr. Heim ging es für mich mit Bus und Bahn – dank zwei Minuten Busverspätung hatte ich mir sogar die sonst übliche halbe Stunde Warten an der Busstation gespart. Denn, zugegeben, nachts können die Verbindungen schon mal etwas unglücklich ausfallen.
Hier möchte ich die Chance zur Überleitung nutzen. Meine Kölner Freunde seufzen immer, sobald die Bahnanzeige mehr als zehn Minuten Wartezeit anzeigt. Jedes Mal versichere ich ihnen, wie lächerlich ihr Unmut ist. Da wo ich herkomme, fahren zwar Busse. Aber halt eher so einer pro Tag gefühlt, wenn es überhaupt einen neben dem Schulbus gibt. Am Wochenende lohnen sich die Samstag- und Sonntagspalten auf den Fahrplänen quasi gar nicht, da sie keine verfügbare Fahrt im Angebot haben.
Der zweite Geburtstag des Wochenendes führte mich ins nordrhein-westfälische Meinerzhagen, circa 70 Kilometer von Köln entfernt. Während der erste Part der Route hauptsächlich über die Autobahn führte, präsentierte sich der zweite Teil voller kleiner Dörfer und himmlischer Straßen: enge Kurven, uneinsichtige Kuppen und an Pancake-Türme erinnernde Teerkombinationen auf dem Asphalt. Ein 70-er-Schild jagte das nächste und alle paar Kilometer wechselten sich die Fahrtrichtungen in puncto Überholstreifen ab. Es kam ein richtiges Heimatgefühl bei mir auf. Lediglich die offenen Höfe mit Weinverkauf und die Kartoffelverkaufsstände an der Straße haben gefehlt. Am Elternhaus des Geburtstagskindes angekommen, setzte sich die Heimaterinnerung fort: eigener Garten, Partyzelt aufgebaut, Bierzeltgarnitur aufgestellt und heimischer Grill. Hier muss man auch nicht leise sein, denn die Nachbarn kennt man schon ewig. Und Parkplätze gibt’s zur Genüge. Und wieder gab es ein Gitarrenduo. Das zählt allerdings nicht zum Standard-Repertoire einer Landparty, das war dann doch nur Zufall. Die Frage der Heimfahrt sollte auf dem Land idealerweise im Vorfeld geklärt werden. Zur Wahl stehen teure Taxifahrten – die Nummer eines Taxiunternehmens gehört in jedes Handy eines Landbewohners – interessante Fahrradtouren mit nicht selten vorhandenem Promillepegel, sehr lange Spaziergänge im Sonnenaufgang oder eben die Fahrt mit dem Auto. Hier muss aber jedes Mal ein Opfer ausgewählt werden, welches den Partyabend nüchtern an sich vorbeiziehen lässt. Na gut, in meinem persönlichen Fall ist das sehr unkompliziert. Aber andere müssen da schon vorausplanen. Was ist mit dem Nahverkehr, meint ihr? Liebe Stadtfreunde, die ihr das hier vielleicht lest, süße Frage. Damit ihr jetzt mal wisst, wie privilegiert ihr seid, am Wochenende ununterbrochen mit Bus und Bahn nach Hause zu kommen, habe ich ein Foto für euch mitgebracht. Aus Meinerzhagen. Einer Kleinstadt mit immerhin 20.000 Einwohnern (meine Heimatstadt hat um die 9.000). Wer also mit dem Bus fahren möchte, sollte Geduld mitbringen.
Ich habe jedenfalls zwei schöne Abende verbracht, ordentlich gefuttert und werde jetzt versuchen, in der nächsten Woche nur Spinat zu essen. Euch wünsche ich mehr kulinarische Abwechslung. Auf bald im Zimmer 4! Hoffentlich dauert es nicht wieder so lange bis zum nächsten Beitrag, lassen wir uns überraschen. Und vielleicht sehen wir uns ja einmal bei einer Landparty bei mir?
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